Ein Spiel mit zu vielen Unbekannten

Unser Kolumnist Sigi Heinrich hat, ohne Namen zu nennen, versucht, die politischen Auseinandersetzungen in einen sportlichen Kontext zu bringen. Und vieles ist dabei durchaus ernst gemeint. Es ist klar. Man braucht einen sogenannten langen Atem, wenn man Ziele, die man sich vornimmt, irgendwann auch erreichen will. Zudem liegen jede Menge Stolpersteine auf dem Weg, Hürden müssen übersprungen und Erwartungen tunlichst erfüllt werden. Und dann gibt es noch unbequeme Gegner, die kaum auszurechnen sind und die tief in die verbale Trickkiste greifen. Deshalb ist nichts planbar, trotz intensiver Vorbereitung in vielen Meetings, die von Strategiepapieren begleitet werden. Aber welche Taktik soll man wählen als Politiker, der am Ende siegen will. Für sich, für seine Partei. Vielleicht sogar für die Bürger des Landes, in dem er antritt, denn eigentlich dachte ich immer, dass es vor allem um uns geht. Um die Stabilisierung der Gesellschaft in diesen schwierigen Zeiten, um die Sicherung unseres Wohlstandes und so vieles mehr, was unser Leben eben so ausmacht. Und dann kommt es endlich zum ersten großen Dreikampf, der Neudeutsch „Triell“ heißt. Und da wird dann das sportliche Register ausgepackt. Vom Angriffsmodus geht es zur flexiblen Verteidigung. Der Versuch eines Konters ist erkennbar, während die Krawatte bei allen Aktionen sauber in Mittellage bleibt. Ein geschlechterübergreifender Fight Es ist ja ein geschlechterübergreifender Fight, die Frau ist in der Zange zweier älterer Herren, die sich gerne in all ihren Versuchen, endlich doch ein Tor zu erzielen, ähneln. Die Fans versuchen zu ergründen, wer staatsmännischer ankommt. Wie sagt man das bei der Frau im Spiel? Geht dann auch staatsmännisch? Schwierig. Am Ende gibt es keine Entscheidung, denn alles ist ja nur Vorgeplänkel. Das eigentliche Match findet erst in vier Wochen statt. Bis dahin sind wieder neue Themen im Focus, die wieder mit neuen Thesen gestützt werden müssen und die jede Mannschaft anders angeht, wohlwissend, dass am Ende aller Bemühungen, die sich in Prozentpunkten ausdrücken, nichts so in der Realität ankommt, wie uns das versprochen wurde. Denn es kann ja sein, dass sich zwei, die jetzt auch mal bei Gelegenheit die Blutgrätsche auspacken, am Ende zu einer Mannschaft zusammengeschweißt werden. Das nennt sich dann Koalition und bedeutet nicht mehr oder weniger als die hohe Schule der Kompromisse, wie das die bisherige Vorsitzende 16 Jahre perfekt zelebriert hat. Das führte nicht unbedingt zu einer Rundumerneuerung des Teams aber das Überleben wurde gesichert. Immerhin. Erneuerung geht freilich anders. Es ist ja immer auch eine Frage der Aufstellung und der Positionen. Im Fußball sagt man gerne, dass Spiele über die Außen entschieden werden. Mit tollen Flanken, die dann in der Mitte verwertet werden. Aber schon das Wort Außenstürmer kommt nicht gut an, was aber auch daran liegt, dass die möglichen Mitstreiter sowohl von links als auch von rechts einfach nicht in die Mannschaft passen. Sie lassen sich nicht integrieren, kleben stur auf ihren Positionen und sind damit sogar eine Gefahr für das Gefüge im Team. Also streben die Teilnehmer des Dreikampfes vorwiegend die Mitte an. In einem anderen Match in einem anderen Stadion spricht einer der Teilnehmer gar von der Angst vor einem Linksruck. Wie immer der dann aussehen möge. Die Terminologie ist dabei geprägt von der Furcht, plötzlich ausgewechselt zu werden. Die Ersatzbank droht, ausgerechnet den Spielern der bisher tonangebenden Mannschaft. Plötzlich springt vor lauter Nervosität der Ball des Öfteren vom Fuß, öffnende Pässe misslingen. Man wird bereits weit weg vom Strafraum, der sogenannten Box, abgedrängt. Die Gegner beherrschen das moderne Pressing. Der Spielfluss ist dahin. So mancher sucht dann lieber das Weite und eilt hinaus in die Welt nachdem zuvor eklatante Versäumnisse in der Vorbereitung einer schweren Krise zu Tage getreten sind. Fünf Länder werden besucht in vier Tagen. Oder umgekehrt. Spielt keine Rolle. Hauptsache erst einmal weg vom Infight, von den Zweikämpfen in den Dreikämpfen in der Hoffnung, dass man in der neuen Spielzeit die bisherige Position wieder bekommt. Wegducken nennt man das oder auch übertriebenen Aktionismus, geboren aus der schieren Verzweiflung über eigenes Versagen. Mannschaftsaufstellung selbst beeinflussen Immerhin dürfen wir, und wir sollten das auch wirklich nutzen, die Mannschaftsaufstellung bald selbst beeinflussen und auch die Stoßrichtung des Teams. Allerdings ist es wirklich nicht einfach, sich ein Bild von der Qualifikation der künftigen Spieler zu machen, denn vielfach, ja sogar hauptsächlich, sind derzeit diejenigen im Team, die den besten Draht zu den Trainern haben und natürlich zu jenen, die von der Spitze aus meinen, die große Richtung vorgeben zu können. Fachkenntnis ist in dieser Branche offensichtlich nicht notwendig. Beziehungen sind wichtig. Leider bekommen wir vor unserer Stimmabgabe zur Besetzung der neuen Mannschaft keine ausführlichen und ehrlichen Personalbögen, aus denen wir unsere Schlüsse ziehen könnten. Wir müssen uns hauptsächlich an den Worten orientieren, die auch in den nächsten Wochen noch von einer Spielhälfte zur anderen fliegen werden. Das ist nicht einfach und auch schon mal gründlich schiefgegangen.

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Ein Spiel mit zu vielen Unbekannten

Der sportliche Wettstreit hat längst auch die Politik erreicht. Dreikämpfe werden ausgetragen und Außenstürmer sind verpönt.

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